Hochschulspezifischer Deutscher Nachhaltigkeitskodex wird vorgestellt
Es fühlte sich ein wenig an wie eine Oase, der Ort, den RNE (Rat für Nachhaltige Entwicklung) und HOCH N ausgesucht hatten, um die Fertigstellung des hochschulspezifischen Deutschen Nachhaltigkeitskodex (Hochschul-DNK) zu feiern: Nah am Potsdamer Platz, aber umringt von Wasser und Schilf, liegt in einem 1913 erbauten Gebäude die Repräsentanz der GIZ (Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit) in Deutschland, durch eine große Glasfassade erblickt man doch tatsächlich vor allem grün. Das Ambiente entsprach also dem Vorhaben des Treffens: Die Weiterentwicklung des Hochschul-DNK sollte vorgestellt und gefeiert werden.
Vom DNK zum Hochschul-DNK
Der Hochschul-DNK beruht auf dem DNK, welcher als ein Kodex mit zwanzig qualitativen Kriterien seit 2011 Unternehmen Richtlinien für ihre Nachhaltigkeitsberichterstattung bietet. Mit dem Hochschul-DNK ist der Versuch gestartet worden, diesen ursprünglich für den Unternehmenskontext entwickelten Kodex auf Hochschulen zu übertragen. Hierfür waren natürlich Anpassungen notwendig, denn als Organisationen funktionieren Hochschulen sehr anders als klassische Unternehmen: Die Art der politischen Steuerung im Wissenschaftssystem, die Entscheidungsstrukturen und die Akteure innerhalb einer Hochschule – Lehrende, Forschende, Studierende, Verwaltungsmitarbeitende – und das „Produkt“ von Hochschulen – Lehre, Bildung, Forschungsergebnisse – ergeben den sehr spezifischen Handlungskontext über den berichtet wird. Diese Besonderheiten des Hochschulsystems und die Unterschiedlichkeit jeder einzelnen Hochschule in einem nur zwanzig Kriterien umfassenden Kodex abzubilden und somit zu einer ebenso vergleichenden wie spezifischen Berichterstattung zu kommen ist eine große Herausforderung. Gestellt hat man sich dieser in der Weiterentwicklung des DNK seit 2015 in einem partizipativ und sowohl an die politische Arbeit des RNE wie an die wissenschaftliche Arbeit des Verbundprojekts HOCH N angebundenen Prozess. Es waren unterschiedliche Akteure der nachhaltigen Hochschulentwicklung in die Überarbeitung eingebunden (so auch wir), nicht immer fanden die Kommentare und kritischen Anmerkungen hinsichtlich des Festhaltens an den Strukturierung des Unternehmens-DNK mit den Bereichen Strategie, Prozessmanagement, Umwelt, Gesellschaft Gehör; einige der Beteiligten hat man unterwegs verloren. Am Ende steht nun eine Version des Hochschul-DNK, die sich sehen lassen kann, die aber auch noch Lücken und Verbesserungsmöglichkeiten aufweist: es wurde mehr auf dem Unternehmenskodex aufgebaut und weniger auf den zahlreichen Nachhaltigkeitsbewertungssystemen aus den USA, Großbritannien, den skandinavischen Ländern oder auch dem asiatischen Raum zurückgegriffen; den Begriff BNE (Bildung für nachhaltige Entwicklung) sucht man in den Kriterien vergeben und die Kernbereiche der Hochschule – Lehre und Forschung – sind zwar als Handlungsfelder einzelner Kriterien aufzufinden, stellen allerdings nicht den Kern des Kodex dar.
Feuerprobe bestanden
Bei der Vorstellung im GIZ-Haus wurde zunächst allerdings vor allem erst mal ordentlich gelobt: Marlehn Thieme (Vorsitzende des RNE), Florian Frank aus dem BMBF (Bundesministerium für Bildung und Forschung) und Prof. Jetta Frost (Vizepräsidentin Universität Hamburg) begrüßten und führten inhaltlich in den Kontext Nachhaltigkeit in der Wissenschaft ein. Anschließend wurde den Anwesenden nochmals die Entstehungsgeschichte des Hochschul-DNK vermittelt so wie seine zwanzig Kriterien und vier Bereiche vorgestellt (die sich am DNK des RNE für Unternehmen orientieren). Geladen waren Akteure aus Hochschulen, Wissenschaft und Politik, viele von ihnen bereits seit Jahren in die Überarbeitung des DNK für Hochschulen eingebunden, einige von Hochschulen, die mit ersten Versionen des Hochschul-DNK bereits gearbeitet und diesen als „Erstanwender“ ausprobiert hatten. Ihnen wurde in einer abschließenden Diskussionsrunde die Möglichkeiten geboten von ihren Erfahrungen zu berichten und sie kamen zu dem übereinstimmenden Urteil: Die Feuerprobe hat der Hochschul-DNK bestanden.
Der Hochschul-DNK steht nach seiner dreijährigen Entwicklungsphase nun noch ganz am Anfang, denn er muss nun angewendet werden, sich im Feld erproben und vor allem muss sich erst herausstellen, ob und wie er zu realen Veränderungen in der Hochschullandschaft führen kann. Denn darum muss es letztlich gehen: nicht nur bestehende Nachhaltigkeitsaktivitäten abbilden, sondern substantielle Veränderungen vor Ort an den Hochschulen voranzutreiben. Denn bisher sieht diese Landschaft doch eher wie eine Wüste aus, die nachhaltigen Oasen mit grün und Schilf liegen weit auseinander und der Weg zu ihnen ist nicht so leicht zu finden. Hier kann der Hochschul-DNK eine der Landkarten darstellen, die den Akteuren der nachhaltigen Hochschultransformation ihre Reise erleichtern.