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Die Arbeitsgemeinschaft Nachhaltige Hochschule Harz ist eine offene partizipative Interessensgemeinschaft über alle universitären Statusgruppen hinweg. Neben der Umsetzung der Umwelterklärung im Rahmen der EMAS Zertifizierung gibt sie Impulse für Lehre, Governance, Betrieb und Forschung. Im Mittelpunkt stehen die Initiierung, Unterstützung und Begleitung konkreter Projekte mit Nachhaltigkeits- oder Umweltbezug in allen Bereichen der Hochschule und teilweise in die Region hinein.
Kontext
Die Arbeitsgemeinschaft Nachhaltige Hochschule Harz (AG NHH) wurde 2009 mit Unterstützung des Rektorats gegründet. Die Initiative ging von der Professorin für Umwelttechnik/Umweltmanagement aus. Heute ist die AG NHH eine Initiative unter Leitung der Umweltbeauftragten, welche wiederum als Stabsstelle des Rektorats zu verstehen ist.
2010 wurde ein durch die AG NHH angestoßenes Umweltmanagementsystem nach der EMAS III-Verordnung (EG-Verordnung 1221/2009 „Eco Management and Audit Scheme“) aufgebaut. Bereits nach dem ersten externen Audit im April 2011 wurde die Umwelterklärung bestätigt. Die daraus hervorgehenden Umweltziele betreffen alle wesentlichen Umweltaspekte der Hochschule. Nachhaltigkeitsaspekte nehmen bei der Projektentwicklung und Umsetzung einen immer größer werdenden Anteil ein.
Die AG NHH unterstützt zum einen die Umsetzung dieser Ziele und bildet zum anderen die Grundlage, um zukünftige Schritte zur nachhaltigen Entwicklung der Hochschule Harz vorzubereiten und Projekte zu initiieren. Als offenes Gremium für alle Hochschulangehörigen bietet sie Raum für fachbereichsübergreifende Zusammenarbeit mit dem Ziel einer nachhaltigen Entwicklung der Hochschule Harz. Die AG NHH arbeitet mit anderen Initiativen zusammen, wie beispielsweise dem Hochschulsport, dem Betrieblichen Gesundheitsmanagement (BGM) und einer Vielzahl von studentischen Initiativen.
Ziele
Die AG NHH verfolgt die strategischen Hochschulziele im Bereich Nachhaltigkeit in den Dimensionen Lehre und Forschung, Betrieb der Hochschule sowie Transfer/Third Mission. Die kontinuierliche Weiterführung des Umweltmanagementsystems (UMS) mit den dazugehörigen Maßnahmen, Prüfungen und Dokumentationen gehört zu den Kernaufgaben [1].
Dabei werden auch die Sustainable Development Goals (SDGs) adressiert, z.B. durch die verbesserte Ressourcennutzung, Energieeinsparung oder Maßnahmen zur Erhaltung der Biodiversität. Durch die praxisnahen Projekte sollen insbesondere die Studierenden für eine nachhaltige Entwicklung sensibilisiert werden, sodass sie diese Gedanken mit in ihre berufliche Zukunft nehmen.
Strukturen und Inhalte
Dauerhafte Vertreter_innen aus Rektorat und Stabsstellen sichern die Steuerung und Koordination der Aktivitäten. Zwei unbefristete Teilzeitstellen – eine für die Umsetzung des Umweltmanagementsystems und eine für die Betreuung von Projekten, Kommunikation und Implementierung in die Lehre – sind direkt beim Rektorat angesiedelt. Hochschulweit gibt es eine_n Umweltbeauftragte_n als zentrale Ansprechperson, die von den beiden Teilzeitstellen unterstützt wird.
In der AG NHH wirken Professor_innen aller Fachbereiche, Mitarbeiter_innen aus der Verwaltung und dem wissenschaftlichen Bereich sowie Studierende mit. Der Kanzler und der Rektor sind feste Mitglieder in der AG NHH. Zentrale Inhalte wie die Umsetzung des Umweltprogramms in Betrieb, Lehre, Governance und Forschungsprojekte werden als Vorschläge an die entsprechenden Stellen weitergegeben (z.B. Absprachen mit dem Bereich Liegenschaften bei der Umsetzung betrieblicher Umweltziele).
Die AG NHH versteht sich weiterhin als Anlaufstelle für alle Interessierten, um eigene Ideen einzubringen oder Projekte umzusetzen und sich an bestehenden Aktivitäten zu beteiligen. So wurde z.B. im Rahmen eines Ideenwettbewerbes 2013 eine Vielzahl an eingereichten Vorschlägen umgesetzt.
Ein_e Vertreter_in der AG NHH nimmt bei den regelmäßigen Treffen der studentischen Initiativen (derzeit über 20) unter Leitung des Studierendenrates teil. So werden die Interessen und Umweltziele direkt transportiert und bei studentischen Aktivitäten umgesetzt (z.B. Müllvermeidung bei Partys durch Nutzung von Mehrweggeschirr).
Neben regelmäßigen Treffen der AG NHH mit Rektoratsvertreter_innen finden Treffen ausschließlich für engagierte Studierende statt. Die Koordination übernimmt die Kommunikationsverantwortliche der AG NHH und bildet damit die Schnittstelle zum Rektorat und zur Hochschulverwaltung. Diese enge Zusammenarbeit erleichtert das studentische Engagement. Hochschulinterne Absprachen werden vereinfacht und die Güte der Ideen bereits bei der Planung geprüft.
Ergebnisse
Die von der Arbeitsgemeinschaft Nachhaltige Hochschule Harz bereits initiierten und durchgeführten Maßnahmen sind vielfältig und lassen sich wie folgt unterteilen:
Betriebliche Maßnahmen
- 2009 Inbetriebnahme eines Blockheizkraftwerkes (BHKW) mit einer Leistung von 70 kW(elektrisch) und 109 kW(thermisch) in Wernigerode, später ein weiteres am Standort Halberstadt mit einer Leistung von 20 kW(eleketrisch) und 40 kW(thermisch)
- 2010 Aufbau Umweltmanagementsystem mit Umweltprüfung, Wesentlichkeitsbewertung, Umweltpolitik, Umweltprogramm, Umwelthandbuch und weiteren mitgeltenden Unterlagen
- 2010 Einführung Recyclingpapier (Recyclingpapieranteil 2017: 100%)
- 2010, 2012 und 2014 Installation Photovoltaik- Anlagen (6,3 kW und 10 kW)
- Seit 2011 schrittweise Umrüstung auf LED-Beleuchtung
- Seit 2011 Umbau der Server- und Netzwerkräume mit energieeffizienteren Komponenten
- 2013 Ersatz der alten Heizkessel durch Brennwertkessel
- 2013 Aufstellen von 4 Insektenhotels und Einrichtung mehrerer Blühstreifen und einer Blühwiese
- Seit 2014 Beteiligung am Car Sharing für Dienstreisen mit Car-Station auf dem Campus
- Seit 2015 Angebot von NOWASTE-Bechern in der Mensa/Cafeteria und Minderung von Einwegbechern
- 2015 Verteilung von ausschaltbaren Steckdosenleisten
- 2016 Inbetriebnahme Trinkbrunnen am Standort Halberstadt und Wernigerode
Veranstaltungen / Projekte
- Seit 2012 jährlicher Nachhaltigkeitstag, der zur Information und Aufklärung dient und mindestens eine hochschulöffentliche Veranstaltung anbietet
- Seit 2016 als Nachhaltigkeitswoche mit verschiedenen Angeboten und in Kombination mit einem Gesundheitstag, der vom Betrieblichen Gesundheitsmanagement (BGM) organisiert wird (Reichweite 250 bis 300 Hochschulangehörige)
- SoSe 2016 Eröffnung Repair Café (bisher 12 Veranstaltungen mit insgesamt 350 Besucher_innen) und
- Eröffnung Näh Café (bisher 10 Veranstaltungen)
- Seit SoSe 2017 Patenschaft von 3 Bienenvölkern mit wöchentlichem Schauimkern und Verkauf von über 100 Gläsern campuseigenem Honig bei Veranstaltungen
Studentische Projekte im Rahmen von Lehrveranstaltungen unter Leitung der AG NHH
- Mehrere Projekte zur Optimierung der Abfalltrennung an der Hochschule Harz
- Seit 2012 jährliche Marktforschungsprojekte – Befragungen und Analysen innerhalb der Hochschule und am Tag der offenen Tür, bisherige Themen: Mehrwegbecher, Mensa, Smartphone, Semesterticket
- Seit 2014 „Tauschrausch“, Kleidertauschparty am Nachhaltigkeitstag (jeweils ca. 100 Teilnehmer_innen)
- Seit 2014 studentische Workshops mit wechselnden Themen in der Nachhaltigkeitswoche z.B. Upcycling-Workshop, Diskussionen, Imkerseminar
- 2014 Büchertauschregal in der Bibliothek
- 2013 „Helden des Alltags“, bisher 10 Plakatmotive, 8 Postkartenmotive
- 2017 Tauschregal Drogerieartikel und Fairteilerregalim Rahmen von Foodsharing
Forschung (aus der AG NHH hervorgehend)
- 2015 Aufnahme einer Frage zum Nachhaltigkeitsbezug in die Studierendenbefragung (alle zwei Jahre)
- 2016 Studie zum Mobilitätsverhalten in Kooperation mit der Hochschule Osnabrück
- 2018 „Entwicklung eines Lern- und Trainingskonzeptes mit digitalen Lerneinheiten zur Förderung der Nachhaltigkeitskompetenz“, fachbereichsübergreifen- des FuE-Projekt in Kooperation mit der Region
Netzwerkarbeit – aktive Mitgliedschaften
- netzwerk n mit Podiumsdiskussion „perspektive n“ in 2017
- Steuerungsgruppe Fair Trade Town Wernigerode ེ Netzwerk Zukunft – Sachsen-Anhalt
- Netzwerk Reparaturinitiativen
- RENN.mitte global
Implementierungsstrategie
Meilensteine
- 2010 Einführung eines Umweltmanagementsystems nach EMAS-Verordnung
- 2010 Einführung von Recyclingpapier als erste, sehr stark diskutierte Maßnahme innerhalb des UMS
- 2011 Erstellung eines Kommunikationskonzeptes zum UMS/zur Nachhaltigkeit an der Hochschule Harz
- Öffentlichkeitsarbeit mit Plakaten und Postkarten “Helden des Alltags“ zur Identifikation
- Zwei 25 %-Stellen, (Seit 04/2010 und 11/2013) mit Entfristung seit 01/2018
- Jährlicher Nachhaltigkeitstag als fester Bestandteil im Sommersemester
- 2016 Gründung des Repair Cafés Wernigerode, das besonders die Außenwahrnehmung fördert
- 2017 Bienenpatenschaft und Vertrieb von Campushonig als Marketingstrategie und Imageförderung
Begünstigende Faktoren
- Externe Audits im Rahmen der EMAS-Zertifizierung als Legitimation und Motivation
- Engagement von einzelnen Akteur_innen mit hoher Vernetzung
- Steigendes Bewusstsein bei Studierenden hinsichtlich Nachhaltigkeit
- 2017 Aufnahme nachhaltiger Ziele in die Hochschulstrategie und Ansiedlung beim Rektorat
- Regelmäßige Treffen der AG NHH und Berichterstattung in allen Fachbereichen und in der Personalversammlung
- Zentrale Koordination der Aktivitäten durch hochschulweit bekannte Ansprechpersonen
- Familiäre Atmosphäre an der Hochschule und die geringe Größe (ca. 3000 Studierende)
Herausforderungen
- Hochschulweite Bekanntmachung und Überzeugung von der Idee einer flächendeckenden Implementierung von Nachhaltigkeitsmaßnahmen
- Aktive Partizipation am Entwicklungsprozess durch Gleichgültigkeit und Passivität von Abteilungen oder einzelnen Personen abgelehnt
- Aufbrechen langjähriger Strukturen
- Teilweise mangelnde Sensibilisierung für Nachhaltigkeitsthemen bei Entscheidungsträger_innen und Dozierenden
- Diskussionen mit Studentenwerk und der Mensa vor Ort zum Thema regionales/vegetarisches Speisenangebot; Zielkonflikte zwischen der Wirtschaftlichkeitsberechnung des Studentenwerks und den Wünschen der Studierenden (aus schriftlicher Studierendenbefragung)
Erfahrungsbericht
Zu Beginn war die AG NHH recht unbekannt. Mit Besetzung der zweiten Teilzeitstelle Ende 2013 konnte ein weiterer Fokus auf Marketing und Kommunikation sowie die direkte Ansprache der Studierenden umgesetzt werden. Die regelmäßige Information über Vorhaben aber auch allgemeine Fakten zu Nachhaltigkeitsthemen über eine eigene Facebookseite, Infostände und bei Hochschulveranstaltungen steigert zunehmend das Interesse. Besonders erfolgreich sind Spaß erzeugende Aktionen wie Flashmobs, Honigverkauf, Tauschpartys oder Gewinnspiele. Dadurch wird das Interesse geweckt und gleichzeitig auf relevante Themen aufmerksam gemacht. Die Kombination von Eventcharakter und nicht moralisierender Wissensvermittlung steigert die Akzeptanz und das Ansehen der AG NHH.
Mit einer wachsenden Themenbreite der studentischen Projekte, die innerhalb der Lehrveranstaltungen umgesetzt werden, steigt die Motivation kontinuierlich. Die Möglichkeit, eigene Ideen einzubringen, und die Freiheit der Ausgestaltung führt dazu, dass Studierende sich teilweise einen Platz in bestimmten Projektgruppen schon zwei Semester im Voraus reservieren. Die Vermittlung nachhaltigkeitsrelevanter Themen von Studierenden für Studierende erweist sich als sehr wirksam.
Die Integration von Projekten in die Lehrveranstaltungen wird bisher nur in wenigen Studiengängen umgesetzt. Es gibt nur vereinzelt fest verankerte Leuchtturmprojekte. Die Bemühungen für den Fachbereich Verwaltungswissenschaften am Standort Halberstadt sind mangels Personal und räumlicher Distanz bisher nicht sehr erfolgreich. Nur vereinzelt kommen Lehrende auf die AG NHH zu und wünschen eine Zusammenarbeit oder bitten um Vorschläge für praktische Umsetzungen oder Forschungsthemen. Die Integration von Nachhaltigkeitsthemen in die Lehre wird sehr heterogen umgesetzt und ist an die persönlichen Interessen der Lehrenden gekoppelt.
Viele Hochschulangehörige geben positive Rückmeldungen zu den Angeboten und/oder beteiligen sich an Aktionen, z.B. Tauschmöglichkeiten. Aus der studentischen Arbeitsgruppe haben sich bisher zwei weitere rein studentische Gruppen (Foodsharing und die Grün-Alternative Studierendenbewegung) gebildet.
Insgesamt wird die AG NHH als positiv wahrgenommen. Dies steht in Zusammenhang mit einzelnen sehr engagierten und kommunikativen Vertreter_innen, die in entscheidenden Positionen in der Hochschule tätig sind. Als Fazit bleibt zu erwähnen, dass es nun an der HS Harz ein solides Engagement gibt, und der Anstoß zur Einführung des UMS durch eine einzelne Person ins Rollen gekommen ist.
Kernprinzipien
- Orientierung an den SDGs und Zielen der BNE
- Partizipation aller Hochschulangehörigen
- Flächendeckende Integration in die Lehre
- Offenheit gegenüber neuen Ideen und Ansätzen
- Transparenz über Strukturen, Ziele, Umsetzungen
- Wirken in die Region und Wahrnehmung der Third Mission
- Regionale und überregionale Vernetzung